Klimaschutz heißt Naturschutz: Protest für das Nature Restoration Law vor der Landesnaturschutzkonferenz in Rust

Rust, Burgenland. Aktivistinnen von Fridays For Future, dem österreichischen Jugendbiodiversitätsnetzwerk (GYBN Austria), GLOBAL2000 und Generation Earth protestierten heute Mittwoch, 17.5.2023, vor der Landesnaturschutzkonferenz in Rust, um die Verantwortung der anwesenden Umweltlandesrätinnen für zentrale EU-Vorhaben für Natur- und Klimaschutz ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Im Mittelpunkt steht dabei der Gesetzesentwurf zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law), das wohl wichtigste Naturschutzgesetz des Jahrzehnts. Besonders skandalös sind die mangelnde Transparenz und das Fehlen öffentlicher Informationen im Zusammenhang mit der Konferenz, auf der die österreichische Position zum Gesetz fernab der Öffentlichkeit diskutiert wird. Aktivistinnen konfrontieren die Landesrätinnen vor Ort mit den Forderungen.

Das Nature Restoration Law wäre ein Meilenstein für den europäischen Klima- und Naturschutz und könnte den Folgen des Artensterbens und der Klimakrise entschieden entgegenwirken, da es die EU-Mitgliedsstaaten zur Wiederherstellung von degradierten Ökosystemen verpflichten würde. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sehen vor, bis 2030 mindestens 20 Prozent und bis 2050 sämtliche degradierte Ökosysteme zu revitalisieren - vor allem jene mit dem größten Potenzial für Kohlenstoffspeicherung, wie z.B. Moore. Das Gesetzesvorhaben würde damit maßgeblich zur Umsetzung der Umwelt- und Klimaziele der EU beitragen, die Lebensgrundlage zahlreicher Arten sichern und letztendlich eine sichere Zukunft für junge und kommende Generationen schaffen.

Doch das Gesetz steht aktuell auf der Kippe: Allen voran verbreitet die Europäische Volkspartei im EU-Parlament gezielte Falschinformationen über das Thema Renaturierung und will sich gleich gänzlich vom Green Deal abwenden. Viele EU-Länder, einschließlich Österreich, wollen das Nature Restoration Law im Ministerrat mit fadenscheinigen Argumenten abschwächen oder gänzlich blockieren. Bei der heute stattfindenden, weitgehend unbekannten Landesnaturschutzreferentinnenkonferenz (NARK) im Seehotel Rust soll bereits die österreichische Position zum EU-Gesetz von den Umweltlandesrätinnen entschieden werden - und das fernab von jeder Öffentlichkeit. Zur Konferenz sind keinerlei öffentliche Informationen auffindbar, was den Anschein erweckt, dass hier das womöglich wichtigste Naturschutzgesetz der Dekade heimlich zu Fall gebracht werden soll. Denn obwohl das Klimaschutzministerium das Gesetz unterstützt, wird es von den Bundesländern ausgebremst. 

Der heutige Protest richtet daher die Scheinwerfer auf die Entscheidungsträgerinnen in den österreichischen Bundesländern: Die Umweltlandesrätinnen müssen endlich Verantwortung für die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen übernehmen und sich entschlossen für Naturschutz und Renaturierung in Österreich sowie der EU einsetzen.

Julia Balasch, Gründungsmitglied von GYBN Austria erläutert: “Natur- und Biodiversitätsschutz ist in Österreich Sache der Bundesländer. Österreich liegt im EU-Vergleich auf vorletzter Stelle, was den Zustand der Arten angeht und nicht besser sieht es mit der Situation von Lebensräumen aus: mehr als 80 Prozent befinden sich in keinem guten Zustand. Die Bundesländer sind ihren nationalen und internationalen Verpflichtungen für den Naturschutz also schon lange nicht nachgekommen. Umso wichtiger ist es, dass wir heute hier vor Ort in Rust demonstrieren und den Umweltlandesrät*innen klar machen, dass ihnen eine breite Koalition an Jugendbewegungen genau auf die Finger schaut. Sie dürfen das wichtigste Naturschutzgesetz des Jahrzehnts nicht abschwächen oder gar verhindern!”  

Johanna Frühwald, Sprecherin von Fridays For Future Austria erklärt: “Nur mit intakten Ökosystemen haben wir eine Chance für die Bewältigung der Klimakrise. Es ist leider kaum verwunderlich, dass die üblichen Verdächtigen, allen voran die ÖVP und die Agrarlobby, aktuell gegen das Nature Restoration Gesetz auftreten. Diese Kurzsichtigkeit und Ignoranz gegenüber den ökologischen Krisen unserer Zeit gefährdet unsere Zukunft. Egal ob auf EU-, nationaler oder regionaler Ebene: Wer heute weitreichenden Naturschutz blockiert, ist mitverantwortlich für das Voranschreiten der Klimakrise!” 

Dominik Linhard, Biodiversitäts-Experte von GLOBAL 2000 betont: “Österreich ist beim Thema Naturschutz seit Jahren mehr als säumig. Die Umsetzung von EU-Naturschutzvorschriften ist hierzulande mehr schlecht als recht, weshalb bereits zum zweiten Mal ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet wurde. Anstatt sich an die von den EU-Staaten gemeinsam beschlossenen Vorgaben zu halten, unterminieren die zuständigen Landespolitiker*innen zentrale Pfeiler des Green Deals. Wir rufen die handelnden Personen dazu auf, ihre Verantwortung in Sachen Naturschutz wahrzunehmen und sich nicht in verkrusteten, föderalistischen Strukturen zu verlieren. Überlebensnotwendige Entscheidungen zu blockieren ist beschämend für die österreichische Naturschutzpolitik.

Nicht nur in Rust, sondern von West nach Ost haben junge Klimaaktivist*innen heute auf die Bedeutung des Nature Restoration Laws hingewiesen: Mit einem “Die-In” haben Fridays For Future in Innsbruck und Kufstein die Verantwortung der Bundesländer im Kampf gegen die ökologischen Krisen unterstrichen.

Für Rückfragen zum Protest in Rust stehen gerne die angeführten Kontaktpersonen bereit.

Quelle zum Zustand der Natur in Europa: EEA State of Nature Report 2022, online unter https://www.eea.europa.eu/en/topics/at-a-glance/nature/state-of-nature-in-europe-a-health-check 

Bildmaterial Protest (Credit: Christopher Glanzl): https://drive.google.com/drive/folders/1O5ml1KuP6WrYRXCRgfouqSNp0k85KwuZ 

Liste der neun Umweltlandesrät*innen: OÖ: Manfred Haimbuchner FPÖ, NÖ: Susanne Rosenkranz (FPÖ), Steiermark: Ursula Lackner (SPÖ), Wien: Jürgen Czernohorszky (SPÖ), Burgenland: Astrid Eisenkopf (SPÖ), Salzburg: Maria Hutter (ÖVP), Vorarlberg: Daniel Zadra (Grüne), Tirol: René Zumtobel (SPÖ), Kärnten: Sara Schaar (SPÖ)