Was wir brauchen, um durch den Winter zu kommen

von Marlene Seidel

Bald wird es wieder kalt. Wie kommen wir durch den Winter?

Foto: Noomi Sollak

Dieser Kommentar von Marlene Seidel erschien am 28.10.2022 in der Presse.

Teuerung, Energiekrise, Krieg, Klimakrise. Die Probleme häufen sich und die Verzweiflung steigt. Diese Krisen passieren aber nicht zufällig gerade gleichzeitig. Sie alle sind miteinander verwoben und teilen einen gemeinsamen Grund: unser Feststecken im fossilen System. Was wir hier zu spüren bekommen, sind die Folgen unseres riesengroßen Versäumnisses, uns schon seit Jahren auf die Zukunft einzustellen und eine radikale Energiewende umzusetzen. Dass diese Energiewende in Richtung erneuerbarer Energie nicht nur unabdingbar für das Erreichen der Klimaziele, sondern auch aus sozialen, politischen und wirtschaftlichen Abwägungen die einzig richtige Lösung ist, mussten wir in diesem Jahr auf schmerzhafte Weise lernen. Doch wie lösen wir nun diese eng verzahnte Kette von Krisen und schlagen mehrere Fliegen mit einer Klatsche? Wir müssen uns in Österreich auf drei Aspekte konzentrieren.

Erstens: Wer spart? Es ist klar, dass wir mit unserer Energie nicht mehr so verschwenderisch umgehen können, wie zuvor. Energie sparen hilft uns dabei sowohl die Energiekrise zu bewältigen, als auch langfristig unsere Klimaziele zu erreichen. Doch auch hier reicht es nicht, an einzelne Individuen zu appellieren. Wir brauchen Veränderung im großen Stil: Häuser müssen gedämmt, Heizkessel und Gasthermen getauscht werden und der Anreiz zum Umstieg gefördert werden. Doch da nicht jeder Haushalt mal schnell seine Energieform wechseln kann, braucht es Unterstützung vom Staat. Grundvoraussetzung für die Energiewende ist und bleibt die gesetzliche Basis. Sowohl das Klimaschutzgesetz, als auch das Eneuerbare-Wärme-Gesetz und das Energieeffizienzgesetz müssen noch 2022 beschlossen werden. Ohne diese Gesetze ist eine ernst gemeinte Energiewende nicht möglich.

Zweitens: Wer zahlt? Momentan zahlen vor allem die ärmeren Einkommensschichten. Die Ungleichheit in Österreich steigt Jahr für Jahr. Während viele Menschen in Österreich sich durch die Teuerungswelle das Heizen, ihre Miete oder ihre Lebensmittel nicht mehr leisten können, werden die Reichen immer reicher und fossile Großkonzerne machen Milliardengewinne. Was wir brauchen, um diesen sozialen Missstand aufzuheben, sind treffsichere Entlastungen und Umverteilung. Die Reichen und die Energieunternehmen sollen zahlen, damit wir Österreich gerechter und stabiler machen können. Eine Zufallsgewinnsteuer, eine Vermögens- und Erbschaftssteuer sind die Lösung für die Finanzierung sozialer und ökologischer Maßnahmen, die wir jetzt dringender denn je brauchen.

Drittens: Wer verändert? Um unsere Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas zu beenden und eine sichere und günstige Energieversorgung zu garantieren, brauchen wir einen Rekord-Ausbau an erneuerbarer Energie. Gute Nachricht: Wir haben in Österreich genug Berge und Flüsse, um ein Erneuerbaren-Energie-Vorreiter zu werden! Wir brauchen aber auch Landeshauptleute, die diese Chance nutzen wollen. Ein Erneuerbaren - Ausbau - Gesetz hat der Bund bereits beschlossen und das Geld zur Verfügung gestellt; jetzt liegt es an den Ländern, die Energiewende zu verwirklichen. Frau Mikl-Leitner, Herr Stelzer, Herr Kaiser: Korrigieren Sie die Fehler der Vergangenheit und bauen Sie endlich Windparks! Wir können es uns buchstäblich nicht mehr leisten, Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern hin- und herzuschieben. Leiten Sie mit Ihrem Bundesland die Energiewende an und garantieren Sie Ihrer Bevölkerung sichere, saubere und günstige Energie.

Man sieht: Soziale Ungerechtigkeit und klimapolitische Katastrophen sind eng miteinander verbunden. Was auf den ersten Blick angsteinflößend wirken mag, ist aber auch eine einmalige Gelegenheit, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit auf einmal herzustellen. Wenn die österreichische Bundesregierung, jedes einzelne Bundesland und jede Gemeinde ihre jeweilige Verantwortung wahrnehmen, dann können Sie uns eines beweisen: Dass ihnen die Bevölkerung und unsere Zukunft nicht egal sind, und sie die Lehren aus diesem schweren Jahr gezogen haben.

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