Augen zu und durch? Nein, danke. Wir brauchen ein wirksames Klimagesetz!
von Magdalena Hutter und Philipp Steininger
Die Augen eines Kindes wirken immer größer, wenn es die Welt um sich herum entdeckt: Sonnenstrahlen, die Staubkörner im Licht tanzen lassen. Müllautos und Feuerwehrfahrzeuge, die mal laut, mal schnell vorbeifahren und kleine Abenteuer versprechen. Menschen in Schneemann-Olaf-Kostümen, die beim Straßenfest fröhliche Lieder über den Sommer singen.
Kinder muss man meistens nicht auf die Welt, die sie umgibt, aufmerksam machen. Sie nehmen sie mit Neugier und einer ganz eigenen Selbstverständlichkeit wahr. Anders ist das bei der österreichischen Politik: Oft fehlt der klare Blick für das Wesentliche. Was es braucht, um diese Welt für kommende Generationen zu bewahren, verlieren die zuständigen Vertreter:innen immer wieder aus den Augen. Seit 2021 gibt es in Österreich keine klaren Klimaziele mehr. Genauso wenig kann daher von einem Klimaschutzgesetz die Rede sein. Niemand reglementiert, wie viele Treibhausgase in Österreich von wem emittiert werden dürfen. Und Konsequenzen, falls eine Regierung die Ziele verfehlt? Gab es nie und aktuell auch nicht. Wegsehen, und das seit mehr als 1600 Tagen.
Wegsehen, ja, nicht sehen wollen, dass jede zusätzliche Tonne CO2 zu zusätzlichen Problemen führt: anhaltende Hitzewellen, Wasserknappheit und Ernteausfälle, Wirbelstürme, Waldbrände und Überschwemmungen. Die starke Überflutung vom September 2024 wird leider nicht die letzte gewesen sein. In den vergangenen fünfzig Jahren kamen durch wetter- und klimabedingte Katastrophen mehr als zwei Millionen Menschen ums Leben. Gleichzeitig hat sich die Zahl der wetterbedingten Katastrophen verfünffacht.
Aber hey! Jahrelang wurde (insbesondere von konservativer Seite) betont, man dürfe die Wirtschaft mit Klimaschutz ja nicht überfordern! Durch fossiles Lobbying – als “Rücksicht” getarnt – wurden globale Trends in Richtung grüner Technologie oftmals verschlafen. Das hat weder der österreichischen und europäischen Wettbewerbsfähigkeit noch dem Klima geholfen. Gemäß der aktuellen Politik können fast alle Sektoren (Landwirtschaft, Verkehr, Gebäude,...) theoretisch so viel Treibhausgase erzeugen, wie sie wollen. Sie können CO2 und andere klimaschädliche Gase in die Atmosphäre pusten und somit die Erderhitzung weiter vorantreiben. Die Politik verschließt dabei (scheinbar?) die Augen – aber wir bekommen zu spüren, was dadurch passiert:
Immer mehr Lebenswelten – und wortwörtlich Menschenleben – sind gefährdet. Deshalb brauchen wir Maßnahmen! Wir brauchen klare Ziele – und Konsequenzen, die greifen, wenn diese Ziele nicht erreicht werden.
Die aktuelle Bundesregierung will die Klimaneutralität bis 2040 erreichen. Um das zu schaffen, “müssen in jedem Sektor weitreichende Maßnahmen gesetzt werden, welche die THG [= Treibhausgas]-Emissionen auf null oder quasi null reduzieren” – so das Bundeskanzleramt Österreich. Bitte. Wir warten. Was in der Theorie gut klingt, steht in krassem Widerspruch zu den neuen Budgetplänen. Klimaschädliche Subventionen sollen ausgebaut und klimafreundliche Maßnahmen gebremst werden. Der Pendlereuro soll verdreifacht und das Klimaticket teurer werden. Gleichzeitig werden Ausbaupläne des Eisenbahnnetzes verzögert. Förderungen für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen fallen weg. Ähm... Wie passt das zusammen? Das ist nicht nur klimapolitisch unverständlich, sondern hat auch wirtschaftliche Nachteile. Es fühlt sich fast schon wie ein Gewinn für die Klimabewegung an, wenn sich plötzlich die WKO meldet, weil sie eine neue Heizungstauschförderung möchte. Der Grund sind zwar die wegfallenden Aufträge für die heimischen Installateurbetriebe, aber das zeigt wieder einmal, dass Klimaschutz und Wirtschaftsförderung Hand in Hand gehen können. Mit fossilen Subventionen bewegen wir uns jedoch in eine andere Richtung: Die jüngsten Maßnahmen der Bundesregierung sollten das Ziel verfolgen, die Budgetsituation langfristig zu entspannen. In Wahrheit treiben sie uns Strafzahlungen in Milliardenhöhe näher, die uns drohen, wenn wir die EU-Klimaziele verfehlen. Das zeigt wie kurzsichtig und zukunftsvergessen – budgetär wie auch klimapolitisch – diese Beschlüsse von Stocker und Co sind. Ohne einen klaren und verbindlichen Plan, wie wir unsere Emissionen endlich reduzieren – ohne ein Klimaschutzgesetz – werden wir draufzahlen: finanziell, in unserer Wettbewerbsfähigkeit, in unserer kollektiven und individuellen Sicherheit. Und jede Generation nach uns ebenso.
Kinder bestaunen die Sonnenstrahlen und werden sie in Zukunft noch intensiver auf der Haut spüren. Müllautos sind Teil ihres Alltags, zwischen Plastikbergen und Elektroschrott. Und die Feuerwehr? Die ist und bleibt einfach cool, vor allem wenn sie Menschen aus überfluteten Häusern birgt oder Waldbrände löscht. Kinder nehmen eine Welt um sich herum wahr, die sich leider drastisch verändert.
Die Politik kann darüber staunen. Oder endlich handeln.
Wie wäre es zum Beispiel mit einem wirksamen Klimagesetz?